Kein Partner kann alle Bedürfnisse erfüllen

Auch wenn wir uns das manchmal wünschen und es sich vielleicht in der Phase der Verliebtheit so anfühlen mag: Kein Partner kann alle Bedürfnisse erfüllen und das muss er /sie auch nicht. Es wäre sogar eine unangemessene Überforderung – für den Partner und für das Konzept der Paarbeziehung. Und es ist grundsätzlich völlig in Ordnung, diese nicht durch den Partner erfüllbaren Bedürfnisse mit anderen Menschen auszuleben.

Hilfreich ist es jedoch, dies offen und vor allem verantwortlich zu tun. Und wenig überraschend: Wenn man dies tut, kommt man als Paar schnell in einen Bereich hinein, in dem Eifersucht eine Rolle spielt. Trotzdem ist es langfristig eine schlechte Idee, seine Bedürfnisse zu verleugnen, denn unbewusst wird man vielleicht doch dem Anderen einen Vorwurf machen und unglücklich sein. In meiner Arbeit geht es in solchen Fällen im ersten Schritt einfach erst einmal darum, unerfüllte Bedürfnisse in einer Paarbeziehung als solche zu erkennen und aufzudecken. Nicht selten sind viele Menschen nämlich gar nicht in der Lage, ihre eigenen Bedürfnisse zu erkennen, geschweige denn zu benennen.

Wenn dies vollbracht ist, muss erarbeitet werden, was es den Einen kostet, darauf zu verzichten und was es den Anderen kostet, es zu erfüllen. Es ist ja logisch: Habe ich ein unerfülltes Bedürfnis, auf dessen Erfüllung ich aber leicht verzichten kann, ist die Lösung bereits klar. Gleiches gilt, wenn es sich um etwas handelt, was man letztlich doch leicht erfüllen kann, wenn man erfährt, wie wichtig es für den Anderen ist. In solchen Fällen reicht es in der Regel schon aus, dass das Bedürfnis einmal genannt werden kann und ausreichend „Raum“ hat.
 
Schwieriger wird es, wenn es dem Einen so wichtig ist, dass er auf dessen Erfüllung nicht dauerhaft verzichten mag, der andere es aber nicht erfüllen kann. Wird dies in der Paarbeziehung dauerhaft ignoriert, wächst die Gefahr von Konflikten, die sich auch – weil ja teilweise unbewusst – an und in ganz anderen Themen und Situationen entladen können. Stellt sich das Paar jedoch diesen Themen, erarbeiten wir gemeinsam Lösungen, mit denen beide gut leben können, also einen bestmöglichen Kompromiss. Das kann eine harte Arbeit sein, das Ergebnis jedoch lohnt sich – die Beteiligten lernen sich selbst und gegenseitig noch einmal deutlich mehr kennen und die Zufriedenheit steigt oft deutlich.
 

✒ Oliver Bergreen