Symbolbild: Loslassen und Neubeginn
Beziehung & Psychologie

Abschied ohne Segen

Ablösung ist oft notwendig, doch nicht immer willkommen. Wie wir uns in Würde lösen – auch wenn der Segen ausbleibt – und inneren Frieden mit dem Neuen finden.

✒ Dr. Robin Junker Lesedauer: ~4 Min

Wenn wir uns von Menschen lösen – von Eltern, in einer Partnerschaft oder von einer Arbeitsstelle – kann das Gegenüber Mühe damit haben. Oft haben wir dort unbewusst ein Bedürfnis erfüllt, das ohne uns unbeantwortet bleibt. Doch Wachstum gelingt nicht immer, wenn wir ausschließlich Rücksicht auf andere nehmen. Manchmal brauchen wir die Ablösung – auch wenn etwas in uns unbeantwortet bleibt, weil der Segen ausbleibt. Schuldgefühle können uns dann in einer Pseudo-Ablösung halten. Wie also lösen wir uns gut, wenn Zustimmung fehlt?

Die Geste

Die Ablösung beginnt mit einer Geste: der Ankündigung der Neuausrichtung im Gespräch. Sie enthält Dankbarkeit für das Gute und eine Entschuldigung für das Belastende. So übernehmen wir Verantwortung für die gemeinsame Zeit – und geben zugleich den künftigen Verantwortungsanteil zurück, indem wir dem anderen unseren Segen aussprechen und Gutes wünschen. Diese Geste ist ein Akt der Integrität, selbst wenn sie nicht erwidert wird.

„Ablösung ist kein Angriff, sondern eine Würdigung des Vergangenen – mit einem klaren Ja zum Eigenen.“

Die Bewegung

Nach der Geste folgt die Bewegung – auch dann, wenn kein Segen kommt. Bewegung kann Umzug, räumliche Trennung, Kündigung oder eine andere Form der Neuordnung bedeuten. In dieser Phase dominiert Organisatorisches: Wohnung finden, Umzug planen, neue Stelle suchen. Umso wichtiger sind kurze Pausen der Selbstfürsorge, die Kraft zurückgeben.

Das neue Leben

Mit der Zeit richten wir uns neu ein: Räume gestalten, Beziehungen ordnen, Menschen einladen, die unser Wachstum fördern. Wir dürfen die eigene Bewegung würdigen und Stolz empfinden: Trotz Widerständen sind wir in Gang gekommen. Wenn Ruhe einkehrt, können wir zurückblicken – mit Mitgefühl, ohne die alte Verantwortung wieder aufzunehmen. Der Segen, der vielleicht irgendwann kommt, gehört dann mehr zum Wachstum der anderen Person als zu uns.

Du darfst loslassen und Dich auf das Neue einlassen: lieben, kämpfen, erleben, genießen – und wachsen.
Dr. Robin Junker
Dr. Robin Junker
Systemischer Therapeut und Familientherapeut (DGSF)