Der ungewollte Dritte
Manchmal lieben wir Menschen, die mit Personen zusammenleben oder in Kontakt stehen, die uns nicht guttun. Vielleicht ahnen wir, dass diese „Dritten“ auch dem geliebten Menschen schaden – doch er erkennt es nicht, kann es nicht äußern oder fühlt sich gebunden. Das bringt uns in ein Dilemma zwischen Schutz, Loyalität und der Angst, die Bindung zu verlieren.
Typische Konstellationen
- Gemeinsame Elternschaft mit dem Ex-Partner, obwohl das Verhältnis belastet ist.
- Konfrontation mit einer Außenbeziehung des Partners oder der Partnerin.
- Abneigung oder Sorge gegenüber dem Partner oder der Partnerin des eigenen Kindes.
„Zwischen Nähe und Schutz geraten wir leicht in eine Balancekrise – besonders, wenn ein Dritter das System destabilisiert.“
Zwei naheliegende, aber riskante Wege
1) Abwertung der Dritten. Offen oder subtil signalisieren wir Missfallen und hoffen, der geliebte Mensch distanziere sich von selbst. Das erzeugt Druck und Verteidigung – selten Veränderung.
2) Rückzug vom geliebten Menschen. Aus Selbstschutz nehmen wir Abstand – in der Hoffnung, er wähle uns. Häufig verstärkt das jedoch Ohnmacht und Loyalitätskonflikte.
Fritz Heiders Balancetheorie beschreibt, dass wir Spannungen reduzieren möchten, wenn Bewertungen in Triaden nicht zusammenpassen. Doch Druck oder Rückzug gefährden die Bindung und können die Spaltung vertiefen.
Reife Alternativen: Haltung & Handlung
- Beziehungsqualitäten nähren. Fokus auf das, was zwischen euch trägt – schafft neue gemeinsame Erfahrungsräume.
- Mitgefühl üben. Für den geliebten Menschen – und, wenn möglich, sogar für die Dritten, sofern sie sich (ungewollt) selbst oder einander schaden.
- Bedürfnisse verstehen. Welche Bedürfnisse erfüllt der Kontakt zu den Dritten? Wertschätzung reduziert Abwehr und öffnet Dialog.
- Die Hand anbieten. Wiederholt signalisieren: „Ich bin da, ich höre zu, ich bleibe offen – auch im Falle einer Loslösung.“
- Selbstfürsorge & Verlässlichkeit. Eigene Grenzen wahren, das eigene Leben aktiv gestalten und stabile Präsenz bieten.
Ausblick
Wie wir heute mit (ungewollten) Dritten umgehen, prägt künftige Beziehungen. Nutzen wir den Raum konstruktiv und vertrauensvoll, stiften wir nicht nur gesündere Bindungen – sondern mit etwas Glück auch gesündere Gemeinschaften.
Systemischer Therapeut und Familientherapeut (DGSF)